Affinity: Der direkte Herausforderer von Adobe
In der Welt der digitalen Kreativität war der Name Adobe jahrzehntelang fast gleichbedeutend mit professioneller Design-Software. Programme wie Photoshop, Illustrator und InDesign sind Industriestandards, die den Markt dominieren. Doch seit einigen Jahren hat sich ein ernstzunehmender Konkurrent etabliert, der die Vormachtstellung von Adobe direkt angreift: Affinity.
Der Zusammenhang zwischen Affinity und Adobe ist daher nicht der einer Partnerschaft, sondern der einer direkten Konkurrenz. Affinity wurde von Grund auf als leistungsstarke, aber zugänglichere Alternative zu Adobes Creative Cloud (CC) entwickel

Was ist die Affinity-Suite?
Affinity ist eine Software-Suite für Kreativprofis und ambitionierte Amateure, die vom britischen Unternehmen Serif entwickelt wird. Die Suite deckt die drei Hauptpfeiler des Grafikdesigns ab und positioniert jedes ihrer Programme als direkten Konkurrenten zu einem Adobe-Produkt:
Affinity Photo 2:
- Der Konkurrent zu: Adobe Photoshop
- Zweck: Professionelle Bildbearbeitung, Retusche, Erstellung von Rastergrafiken und Kompositionen.
Affinity Designer 2:
- Der Konkurrent zu: Adobe Illustrator
- Zweck: Vektorgrafikdesign, Illustration, UI/UX-Design. Es kombiniert Vektor- und Rasterwerkzeuge in einer Anwendung.
Affinity Publisher 2:
- Der Konkurrent zu: Adobe InDesign
- Zweck: Desktop-Publishing, Layout-Design für Magazine, Bücher, Broschüren und digitale Publikationen.
Einzigartig bei Affinity ist die sogenannte „StudioLink“-Technologie. Wenn ein Benutzer alle drei Programme besitzt, kann er nahtlos zwischen ihnen wechseln, ohne die Datei schließen und in einem anderen Programm öffnen zu müssen. Man kann beispielsweise in einem Publisher-Layout direkt die Vektorwerkzeuge von Designer oder die Bildbearbeitungswerkzeuge von Photo nutzen.
Der Kernkonflikt: Geschäftsmodell und Preisgestaltung
Der Hauptgrund, warum Affinity so viel Aufmerksamkeit erregt und als „Adobe-Herausforderer“ gilt, ist das Geschäftsmodell.
- Adobe Creative Cloud: Adobe hat vor Jahren komplett auf ein Abonnement-Modell (SaaS) umgestellt. Benutzer „mieten“ die Software auf monatlicher oder jährlicher Basis. Hört man auf zu zahlen, verliert man den Zugriff auf die Programme.
- Affinity (Serif): Affinity setzt auf den traditionellen Einmalkauf. Benutzer kaufen eine Lizenz für die Software (pro Plattform – macOS, Windows, iPad) und besitzen diese Version dauerhaft. Updates innerhalb einer Hauptversion (z.B. alle 2.x-Updates) sind kostenlos.
Dieser fundamentale Unterschied macht Affinity besonders attraktiv für Freiberufler, kleine Unternehmen und Hobbyisten, die die hohen laufenden Kosten der Adobe CC scheuen.
Kompatibilität: Die Brücke für Wechsler
Um Adobe-Nutzern den Umstieg zu erleichtern, hat Serif großen Wert auf Kompatibilität gelegt. Affinity-Programme können die gängigsten Adobe-Dateiformate öffnen, bearbeiten und oft auch zurückspeichern:
- Affinity Photo kann PSD-Dateien (Photoshop) problemlos verarbeiten.
- Affinity Designer kann AI- (Illustrator) und PDF-Dateien importieren.
- Affinity Publisher kann IDML-Dateien (InDesign) importieren.
Obwohl die Kompatibilität nicht immer 100% perfekt ist (insbesondere bei sehr komplexen oder mit neuesten Adobe-Funktionen erstellten Dateien), ist sie für die meisten professionellen Arbeitsabläufe robust genug, um einen Wechsel zu ermöglichen.
Spezifische Unterschiede zwischen Photoshop und Affinity Photo
Obwohl beide Programme mächtige Werkzeuge zur Bildbearbeitung sind, unterscheiden sie sich in wesentlichen Punkten:
1. Geschäftsmodell & Preis (Der größte Unterschied)
- Adobe Photoshop: Ist nur als Teil eines Abonnements (Creative Cloud) erhältlich. Sie zahlen monatlich oder jährlich, um die Software nutzen zu können. Sobald Sie das Abo beenden, können Sie nicht mehr auf das Programm zugreifen.
- Affinity Photo: Basiert auf einem Einmalkauf. Sie kaufen eine Lizenz für die aktuelle Hauptversion (z.B. Version 2) und können diese unbegrenzt nutzen. Es fallen keine weiteren monatlichen Kosten an. Upgrades auf eine neue Hauptversion (z.B. von V2 auf V3) wären in der Zukunft wahrscheinlich wieder kostenpflichtig, aber alle Updates innerhalb der Version 2 sind kostenlos.
2. Benutzeroberfläche und „Personas“
- Photoshop: Hat eine seit Jahrzehnten etablierte, modular aufgebaute Oberfläche. Viele Funktionen sind in Menüs oder über separate Fenster (wie Camera RAW) zugänglich.
- Affinity Photo: Die Oberfläche wirkt auf den ersten Blick sehr ähnlich (Ebenen-Panel rechts, Werkzeuge links), was den Umstieg erleichtert.
- Einzigartiges Konzept: „Personas“. Affinity Photo unterteilt seine Werkzeuge in fünf spezialisierte Arbeitsbereiche („Personas“), zwischen denen Sie nahtlos wechseln können:
- Photo Persona: Der Hauptbereich für die Bildbearbeitung (entspricht dem Standard-Photoshop).
- Liquify Persona: Ein dedizierter Bereich für Verflüssigen-Effekte.
- Develop Persona: Ein voll ausgestatteter RAW-Entwickler (vergleichbar mit Adobe Camera RAW oder dem Entwicklungsmodul von Lightroom).
- Tone Mapping Persona: Spezialisiert auf die Erstellung von HDR-Bildern aus Belichtungsreihen.
- Export Persona: Dient dem präzisen Zuschneiden und Exportieren verschiedener „Slices“ (Teilbereiche) Ihres Dokuments in unterschiedlichen Formaten.
3. Leistung und Performance
- Affinity Photo: Ist bekannt für seine extrem hohe Geschwindigkeit und Effizienz. Es wurde von Grund auf modern programmiert und nutzt Hardware (wie Metal auf dem Mac oder DirectX auf Windows) sehr effektiv. Viele Änderungen, Filter und Pinselstriche werden in Echtzeit ohne Verzögerung angezeigt, selbst bei sehr großen Dateien.
- Photoshop: Die Leistung ist gut, aber aufgrund seiner jahrzehntelangen Codebasis kann es sich manchmal langsamer anfühlen, besonders bei komplexen Operationen.
4. Funktionsumfang und KI-Integration
Photoshop: Als 30+ Jahre alter Industriestandard hat Photoshop einen unübertroffenen Funktionsumfang. Es deckt Nischenbereiche wie 3D-Bearbeitung (eingeschränkt), Videobearbeitung (Basis-Timeline) und sehr komplexe Skripting-Möglichkeiten ab. Der größte Unterschied ist aktuell die Adobe Sensei (KI): Funktionen wie „Generative Füllung“, „Motiv auswählen“ oder „Neural Filters“ sind in Photoshop extrem leistungsstark und in Affinity Photo (bisher) nicht in diesem Umfang vorhanden.
- Affinity Photo: Deckt schätzungsweise 90-95% der Funktionen ab, die die meisten Fotografen und Designer täglich benötigen. Es ist extrem stark in Kernkompetenzen wie:
- Nicht-destruktives Arbeiten (Live-Filterebenen, Anpassungsebenen)
- Fokus-Stacking (Schärfentiefe kombinieren)
- Panorama-Stitching
- Umfassende Retusche-Werkzeuge
- Hervorragende Pinsel-Engine
5. Dateikompatibilität
- Affinity Photo: Kann PSD-Dateien (Photoshop) sehr gut öffnen, bearbeiten und auch wieder als PSD speichern. Das macht die Zusammenarbeit mit Photoshop-Nutzern möglich. Die Kompatibilität ist jedoch nicht 100%ig – sehr komplexe Smart Objects oder spezifische Photoshop-Filter werden möglicherweise nicht korrekt importiert.
- Photoshop: Öffnet keine Affinity-Dateien (.afphoto).
Der Umstieg in der Praxis – Wie funktioniert’s?
Der Wechsel von Photoshop zu Affinity Photo ist einer der einfachsten Software-Umstiege im Kreativbereich.
1. Die Lernkurve ist flach
Wenn Sie Photoshop kennen, werden Sie sich in Affinity Photo sofort zurechtfinden. Konzepte wie Ebenen, Masken, Anpassungsebenen (Korrekturen), Mischmodi und Ebenenstile sind praktisch identisch. Sie müssen im Grunde nur lernen, wo die Werkzeuge liegen, die Sie bereits kennen.
2. Tastenkürzel (Shortcuts)
Viele der gängigsten Tastenkürzel sind identisch (z.B. V für Verschieben, B für Pinsel). Ein großer Vorteil: Sie können in den Einstellungen von Affinity Photo die Tastenkürzel komplett anpassen und sogar ein „Photoshop-Preset“ laden oder Ihre eigenen manuell exakt nachbilden.
3. Import Ihrer bestehenden Ressourcen
Sie müssen nicht bei Null anfangen. Affinity Photo kann viele Ihrer gewohnten Photoshop-Ressourcen importieren:
- Pinsel: .abr-Dateien können direkt importiert werden.
- LUTs: Farb-Lookup-Tabellen (z.B. .cube) für Color Grading funktionieren ebenfalls.
- Schriftarten: Werden vom Betriebssystem verwaltet und sind in beiden Programmen verfügbar.
4. Der Workflow
- Beginn: Sie können einfach Ihre alten PSD-Dateien in Affinity Photo öffnen und weiterarbeiten.
- Speichern: Für die beste Kompatibilität und um alle Affinity-Funktionen (wie die nicht-destruktiven Live-Filter) zu erhalten, sollten Sie neue Projekte im nativen .afphoto-Format speichern. Wenn Sie eine Datei an einen Photoshop-Benutzer zurückgeben müssen, nutzen Sie die Funktion „Exportieren“ und wählen PSD.
- Lernressourcen: Serif (der Entwickler von Affinity) bietet auf seiner Website und auf YouTube Hunderte von kostenlosen, hochwertigen Video-Tutorials an. Diese sind oft nur 2-5 Minuten lang und zeigen präzise, wie eine bestimmte Aufgabe (z.B. „Hautretusche“ oder „Himmel austauschen“) funktioniert.
Fazit: Für wen lohnt sich der Umstieg?
Der Umstieg lohnt sich besonders für:
- Freiberufler, Studenten und Hobbyisten, die die monatlichen Abokosten der Creative Cloud sparen möchten.
- Fotografen und Designer, die einen schnellen, modernen Workflow für die gängigsten 95% der Bearbeitungsaufgaben suchen.
- Alle, die auf einem iPad arbeiten (Affinity Photo für iPad ist nahezu identisch mit der Desktop-Version und gilt als leistungsstärker als Photoshop für iPad).
Wer sollte bei Photoshop bleiben?
- Professionals in großen Agenturen, die auf perfekte Kompatibilität und Austauschbarkeit von Dateien im Team angewiesen sind.
- Nutzer, die stark auf die neuesten KI-Funktionen (wie Generative Füllung) angewiesen sind.
- Anwender, die sehr spezielle Nischenfunktionen (z.B. komplexe Videoanimationen in Photoshop) benötigen.
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